Denkmaltopografie von Nauheim

Neuere Ortsbereiche von Nauheim  Teil IV

Bahnhofstraße,  Königstädter Straße, Weingartenstraße und andere Straßen. 

 

 

 Bahnhof        Fl. 14
                         
Flst. 39

Der originalgetreu restaurierte Bahnhof befindet sich im Besitz der Gemeinde und ist ein spätklassizistischer Typenbahnhof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Stilistisch ähnelt das mit gelbem Sandstein verkleidete Stationsgebäude den an der Riedbahn gelegenen Bahnhöfen in Gernsheim und Goddelau/Erfelden wie auch verschiedenen Empfangsgebäuden an der Rhein-Neckar-Bahn. Die Main-Rhein-Bahn, an der Nauheim liegt und die Darmstadt mit Mainz verbindet, wurde 1857 gebaut, die Bahnlinie am 1. August 1858 eingeweiht. Der jetzige Bahnhof wurde erst 1883 fertig gestellt und löste ein kleines Zweckgebäude ab.

 

 Bahnhofstraße 34              Fl. 1
                                                                             Saalbau                                Flst. 566/7

Saalbau der Gaststätte „Ruhland“, aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. 1899 wurden das Wohnhaus,  der Tanzsaal und eine Scheune von Berhard Dammel III, Gastwirt, auf dem Gelände des früheren Friedhofs erbaut. In diesem Bereich befand sich die um 1300 errichtete „Jakobskapelle“, die 1783 abgetragen wurde.

Das Anwesen wurde 1920 von Jakob Ruhland, Metzgermeister und Gastwirt, erworben und 1922 an Maria und Georg Ruhland vererbt. 1927 wurde an den Tanzsaal eine Bühne angebaut. Heute wird der Saal vom „Erzgebirgischen Heimatverein Nauheim – Weiterstadt“ betreut.

 

 

 

Schleifweg        Fl. 14

Stellwerk           Flst. 525

Das Stellwerk stammt aus dem Jahre 1932 und ist das letzte von ursprünglich drei Stellwerken dieser Art. Es ist eine für die Bauzeit moderne Beton-Klinker-Konstruktion mit weit ausladendem dünnen Betondach über der horizontal durchlaufenden Fensterfront. Das Betondach dient als Blendschutz für das Stellwerk. Im unteren Bereich wird die rote Klinkerfassade durch drei schmale vertikale Fensterschlitze unterbrochen. Über dem mittleren befindet sich eine einzelne Außenleuchte, noch aus der Bauzeit.

 

Bahnhofstraße 66 - 58           Fl. 14

Gesamtanlage                         Flst.77/5; 76/1; 60; 59; 58

Ensemble von fünf gleichartigen, verputzten um 1920 erbauten Wohnhäusern mit Walmdach und Vorgarten, die dem bürgerlichen einfachen Bauen nach Vorbild des freistehenden Einzelhauses nach dem ersten Weltkrieg zuzuordnen sind. Die Firstrichtung befindet sich teils im Verlauf teils senkrecht zur Straße. Die Fensterteilung ist zum größten Teil noch ursprünglich. Vier von den Fünf Häusern weisen zur Straßenseite einen sechseckigen Erker auf, der nur noch einmal im Originalzustand erhalten ist. Die Häuser weisen ein schlicht ausgebildetes Traufgesims, sowie teilweise ein angedeutetes Fensterbrüstungsfries im OG auf. Die schwach profilierten Fenstergewände sind aus Sandstein gefertigt.
Kulturdenkmal als Bestandteil eines historischen Ensemble.

Im Volksmund wurde der Straßenabschnitt früher "Kudamm" genannt.

 

Darmstädter Landstraße 2              Fl. 14

"Tankstelle"                                     Flst. 14/2
Alte KFZ- Werkstatt mit Tonnendach im Stil der 20er Jahre erbaut. Die Konstruktion des Daches besteht aus gebogenen Stahlträgern auf denen in kurzen Abständen die Holzpfetten angeordnet sind. Das Einfahrtstor auf der Giebelseite befindet sich noch im Originalzustand. Die Straßenfassade wurde durch den Einbau von neuen Fensterelementen beeinträchtigt.
Kulturdenkmal aus technischen und baukonstruktiven Gründen.

 

Weingartenstr. 40                      Fl. 2              Flst. 812
An der Kreuzung Weingarten- / Steinstraße liegt das eingeschossige, verputzte Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoß aus den 50er Jahren.
Das giebelständige Haus mit sichtbarem Bruchsteinsockel besitzt ein 45° Grad steiles Satteldach mit Schleppgaube. Die Giebelwände haben an den Traufen auskragende Konsolen aus Stein. Die stehenden Fenster mit Klappläden bilden eine gleichmäßige Fassadengliederung. Ein Erker ziert die Giebelseite des Erdgeschosses sowie die hintere Ecke der Traufseite. Der sich an der Traufseite befindliche Eingang ist mit einer auskragenden Leibung aus Naturstein gefaßt. In der Verbindungswand zwischen Garage und Wohnhaus, die den mit Waschbetonplatten gefaßten Hof vom Garten trennt, befindet sich eine Rundbogentür.
Kulturdenkmal aus baukünstlerischen Gründen.

 

 

 alt - neu

Königsstädter Str. 65             Fl. 2

Wohnhaus                                 Flst. 348


Das eingeschossige Wohnhaus stand giebelständig zur Königsstädter Straße. Es handelte sich um ein schlichtes verputztes Gebäude mit einfacher Fassadengliederung und auffälligem Dach; vermutlich Nagelbinder ("Zöllinger Dachkonstruktion"). Auf der Rückseite des Gebäudes ist ein eingeschossiger Anbau mit flachgeneigtem Satteldach.
Kulturdenkmal aus ortsgeschichtlich-technischen sowie städtebaulichen Gründen, für diesen Ort einmalige Dachkonstruktion und der Lage an der Kreuzung der Hauptstraßen.
Das Gebäude wurde 2015 abgerissen und machte einem neuen Wohnhaus mit weißer Fassade Platz.

 

Königstädter Straße 103                  Fl. 3
ehem. Firma Keilwerth                      Flst. 31/139


 

In den Jahren 1962/63 plante und baute die bekannte Offenbacher Architektengemeinschaft Novotny & Mähner die Musikinstrumentenfabrik Julius Keilwerth am Nauheimer Ortsrand in einem Waldstück. Die Fabrik bestand aus vier eingeschossigen Pavillons mit Innenhöfen, die durch einen langgestreckten Mittelbau als Erschließungsachse miteinander verbunden waren. Typisch für die Bauzeit war die Fassadenkonstruktion aus Stahlprofilen mit durchgehenden Fensterbändern im oberen Drittel und Brüstungsfeldern teilweise aus zeittypischen Glasbausteinen.

In die Bauzeit passten auch die horizontalen Beschattungselemente auf der Südseite der Pavillons. Markant waren der Eingang mit Vordach auf leichten Stützen und der Klinkerschornstein auf der Rückseite des Gebäudes.

Die Firma Julius Keilwerth war 1925 in der sudetendeutschen Stadt Graslitz, einer Hochburg des Musikinstrumentenbaus gegründet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Enteignung des Betriebes übersiedelte die Familie Keilwerth 1946 zunächst nach Nördhessen und dann, 1947, zusammen mit anderen ehemaligen sudetendeutschen Musikinstrumentenbauern nach Nauheim. Dort etablierte sich die Firma Julius Keilwerth wieder als einer der führenden Saxophonhersteller von internationalem Renommee. 

Der Gemeinde Nauheim brachte die Ansiedlung mehrerer Musikinstrumentenfabriken enormen wirtschaftlichen Aufschwung. 1967 etwa fertigten elf von 21 Nauheimer Betrieben Musikinstrumente, die meisten Betriebe waren aus Graslitz und Umgebung nach Nauheim übergesiedelt. 1957 feierte Nauheim "zehn Jahre Musikindustrie"; dabei traten erstmals im "Rosengarten" die später bekannten, in Nauheim beheimateten "Jakob-Sisters" auf. 

Dieses sog. "Keilwerth-Gelände" wurde in den Jahren 2003-2010 als Wohngebiet ausgewiesen und 2011 vom Nauheimer Investor Keil bebaut. Die Fabrikations-Pavillons wurden abgerissen und durch sechs dreistöckige Flachdach-Wohnhäuser ersetzt.

 

Königstädter Straße        Fl. 3

Waldfriedhof                      Flst. 27/1

Der Waldfriedhof wurde 1928 angelegt. Das Denkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurde am 9. Juni 1929 eingeweiht. Das Mahnmal gehört stilistisch zum Expressionismus.

Zeittypisch aus schwarzem Granit mit plastischer Germania-Figur gestaltet ist das Gefallenendenkmal für die Opfer 1870/71.

Die Namen auf der Frontseite.

 

 

Königstädter Straße        Fl. 3

Waldfriedhof                      Flst. 27/1

Kriegerdenkmal von 1914 -18 in flacher, vierseitiger Gruftform, hergestellt aus Muschelkalk von der einheimischen Firma Philipp Klein. Auch der Sockel istl aus diesem Material. Die Maurerarbeiten werden den örtlichen Firmen Hummel - Jockel - Diehl übertragen. Die recht mächtige Anlage für den kleinen Ort Nauheim mit damals rund 2000 Einwohnern hat die Maße 12 x 12 m und ist zwischen 1,65 und 2 m hoch. Die Denkmalaufschrift an der Vorderfront lautet: Ihren im Weltkrieg 1914 bis 1918 Gefallenen, die Gemeinde Nauheim. Eingeweiht wurde das Denkmal am 9. Juni 1929.

 

Gesamtanlage 50er Jahre
An den Akazien
(li.o.)
Industriestr. 22, 24, 26, 28, 30
(li.u.)

Das südwestliche Quartier des Ortes ist geprägt durch eine fast regelmäßige, rechtwinklige Parzellenaufteilung, bedingt durch ein nahezu rechtwinklig verlaufendes Straßennetz. Die Einfamilienhäuser der ausgehenden 50er Jahre stehen mit Ausnahme der Schönbacher Straße, in der die Gebäude einseitig mit der Traufe zur Straße hin orientiert sind, zu beiden Seiten giebelständig und begrenzen die Gesamtanlage nach Süden. Gekennzeichnet sind die eingeschossigen Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoß durch steile Satteldächer mit knapper Ortgangausbildung sowie durch geschweifte Giebelwangen, die bis zur Alten Mainzer Straße rund, danach bis zum Ortsrand eckig ausgebildet sind. Die rundwangigen Häuser zeichnen sich durch stehende Fenster mit gleichmäßiger Aufteilung und Schleppgauben aus, während die Gebäude mit eckigen Giebelwangen eine rhythmische Fensteraufteilung haben. Bei beiden Varianten liegt der Eingang traufseitig, teilweise mit einem Haustürerker. Eine einheitliche Straßenflucht ermöglicht einen Vorgarten mit Mäuerchen als Grundstückseinfassung. Die ursprünglich als Stall genutzten Nebengebäude mit Luke im Giebel dienen heute als Garagen.

Gesamtanlage ist Kulturdenkmal aus künstlerischen und städtebaulichen Gründen, als Beispiel für die Architektursprache der 50er Jahre mit ihren typischen Details sowie der Gleichartigkeit der Bauten.



Schilerstr. 29, 31 I 33, 35, 37, 39


 Schönbacher Straße, außer Nr. 1


 
Alte Mainzer Str. 40, 42, 44, 46,  48-63, 64, 66


Zur Hauptseite zurück