Neue Gräberfunde in der Gemarkung Nauheim

Neueste Grabungen im Flurstück "Am Streitmorgen" (und "Ebertslache") im August 2023 führten zu erfreulichen Funden. Es wurden in einer Grabanlage 46 Gräber, hauptsächlich Urnenbestattungen, und Grabbeigaben in Form kleiner Amphoren und anderer Gefäße gefunden. Das Landesamt für Denkmalpflege (Hessen Archäologie, Außenstelle Darmstadt) führte die Ausgrabungen durch unter der Leitung von Dr. Thomas Becker und Ralf Klausmann.

Flurkartenausschnitt Nauheim
Flurkartenausschnitt mit "Herrnwiese" (Militärlager) und "Streitmorgen" (Grabanlage) an der Chaussee (L 3040) nach Trebur

Eine Teilfläche des ausgedehnten Untersuchungsgebietes


Acht bis zehn Grabungsteilnehmer, Studenten und Archäologen, waren während der sechs Wochen vor Ort




Grabungsfelder


Lage der 46 Gräber und der sechs Grabanlagen (zur Bildvergrößerung)

Schon vor über 30 Jahren wurde man durch Funde einzelner Teile aufmerksam auf dieses Feld. Geophysikalische Erkundungen bestätigten zu erwartende Anlagen. Auf einer Fläche von 2000 m² erfolgten dann die Grabungen. Es wurden 46 Gräber entdeckt mit 44 Brandbestattungen und zwei mit Skelettfunden. Bei vielen gab es Grabbeigaben. Es ist zu vermuten, dass nicht nur römische, sondern auch germanische Bestattungen hier stattfanden. Dieses Gräberfeld auf rechtsrheinischer Seite unterscheidet sich in der Anlage in gravierenden Punkten zu vergleichbaren auf linksreinischer Seite. Besonderheiten sind die Einfassungen mit rechteckigen Grabensystemen. Die Gräber stammen vermutlich aus der Zeit um 100 bis 300 n.Chr.
Eine besondere Erkenntnis tat sich noch auf: die Bodenoberfläche des untersuchten Ackers liegt etwa 50 - 60 cm tiefer als das Gelände vor rund 2000 Jahren war. Gründe der Absenkung sind nur zu vermuten: Trockenheit, Verwehungen, Bearbeitung mit schweren Landmaschinen.


Grab einer Feuerbestattung. Das Öllämpchen sollte Licht im Totenreich spenden.

Brandgrab mit Urne und Beigaben

Die Mehrzahl der Toten wurden nicht in der Siedlung, sondern außerhalb entlang der Ausfallstraßen beerdigt. Hier wohl an der Route von Mainz, der größten römischen garnison nördlich der Alpen, nach Groß-Gerau, einem Römerlager auf Esch. Üblich war die Brandbestattung. In manchen Fällen wurde der Scheiterhaufen direkt über der Grabgrube errichtet, so dass Leichenbrand und Grabbeigaben in das Grab fielen. Die meisten Toten wurden jedoch auf einem Krematoriumsplatz verbrannt, die Asche gesammelt und in eine Urne gefüllt. Ess- und Trinkgeschirr, Nahrungsmittel, persönliche Dinge, wie Schmuck und berufliche Utensilien wurden den Toten beigegeben für die Reise in das Totenreich. Mit einer Münze sollte der Fährmann ins Totenreich entlohnt werden, eine Lampe die Finsternis erhellen. Grabsteine waren in dieser Region selten, denn Steine waren teuer.


Dr. Thomas Becker (li.) und Prof. Dr. Markus Scholz erläuterten der anwesenden Presse und Mitgliedern des Heimat- und Museumsverein Nauheim
die Grabungsergebnisse




Grabbeigaben: Scherben (li.) - vielleicht eines Spielzeuges. Gefäße (re.) mit Wegezehrung für die Toten. Davor Reste eines Kupferwerkzeuges.


Drohnenaufnahme von einem freigelegten Grab


Dr. Becker präsentiert ein besonderes wertvolles Fundstück: ein vollständig erhaltenes Glasgefäß
               



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