Vernässungsprobleme im Nauheimer Wohngebiet "Im Teich":

Konzept zur Begrenzung des Grundwasseranstiegs


Inhalt

1 Veranlassung
2 Ausgangssituation
3 Grundwassermodell
4 Variantenvergleich
5 Optimierung und Vordimensionierung der Vorzugsvariante
6 Schlussfolgerung
7 Temporäre Ableitung von Grundwasser

          Auslauf Schwarzbach
Auslaufbauwerk Brunnengalerie in den Schwarzbach




1. Veranlassung

Die Erschließung des Wohngebietes "Im Teich" in der Gemeinde Nauheim fand mit Beginn der 70er Jahre zu einem Zeitpunkt statt, der klimatisch von einer langjährigen Trockenperiode geprägt war, die zu Grundwassertiefständen führte. Bereits mit Beginn der 80er Jahre traten erste Vernässungsprobleme auf, die Überlegungen zur Neustrukturierung der Entwässerung des Wohngebietes veranlassten. Mit Beginn der aktuellen Nässeperiode seit Herbst 1998 wurden diese Probleme verschärft. Zur Verbreiterung der Datengrundlage zur Analyse der Grundwassersituation im Wohngebiet "Im Teich" wurden 1999 von der Brandt-Gerdes-Sitzmann Umweltplanung GmbH (nachfolgend BGS Umweltplanung) vier Rammfilterlanzen zur Grundwasserstandsmessung eingerichtet. Auf dieser Grundlage wurden Vorschläge entwickelt, die folgende Maßnahmen vorsahen:

  • Einstau der Entwässerungsgräben im Teichwald

  • Entfernung lokaler Auflandungen im Waldwiesengraben / Graben A

  • Wiederherstellung der Entwässerungsfunktion des Grabensystems der südlichen Schwarzbachwiesen

  • Lokale Abpumpmaßnahmen zur Begrenzung des Grundwasseranstieges.

Gegen eine Veränderung der Vorflut im Bereich des Teichwaldes wurden von Seiten des Forstes massive Bedenken geäußert, eine kurzfristige Umsetzung dieser Maßnahmen ist nicht zu erreichen. Darüber hinaus liegt das Potential dieser Maßnahmen zur Grundwasserabsenkung bei ca. 2 Dezimetern im Wohngebiet. Die BGS Umweltplanung wurde daher von der Gemeinde Nauheim beauftragt, weitergehende Lösungen der Vernässungsprobleme des Wohngebietes "Im Teich" bei Grundwasserhochständen zu entwickeln und die vorgeschlagenen lokalen Abpumpmaßnahmen bei Grundwasserhochständen im Sinne eines Vorkonzeptes zu konkretisieren, um Pumpmengen und Kosten der Maßnahmen einzugrenzen.

2. Ausgangssituation

Wie schon aus der Gewannbezeichnung ersichtlich, ist der Untergrund des Wohngebietes "Im Teich" durch flurnahe Grundwasserstände geprägt - hierbei kommt der Wechselwirkung des Grundwasserleiters zum Schwarzbach und zum begleitenden Grabensystem aufgrund der Geländemorphologie eine besondere Bedeutung zu. Bei der Analyse der Grundwasserstandsdynamik "Im Teich" sind daher auch die Grundwasser- und Vorfluterverhältnisse im östlich vorgelagerten Anstrombereich von hervorgehobener Bedeutung. Nicht zuletzt die Überflutungen der 80er Jahre (u.a. Anlass für Neustrukturierung des Grabens A) gaben Hinweise, dass bei der Findung geeigneter Strategien zur Minderung der Vernässungsprobleme diese Wechselwirkung zwischen Grundwasser und Abfluss der Vorfluter Schwarzbach / Grabensystem Waldwiesengraben näher zu untersuchen sind. Hierzu wurden im Auftrag der Gemeinde Nauheim Ende 1999 vier Rammfilterlanzen (GWM 1-4) im Bereich "Im Teich" niedergebracht. Die Messstellen GWM 2 und 4 wurden bis zum 22.05.2000 wöchentlich durch die Gemeinde abgelotet. Im Bereich der Messstellen GWM 3 und GWM 1 erfolgte die stündliche Wasserstandserfassung mittels Datenlogger. Zur verbesserten Erfassung der Schadenssituation wurden alle Sohlen vernässter Keller, die der Gemeindeverwaltung gemeldet wurden (Stichtag 26.06.2001), stichprobenartig eingemessen, sofern ein Zugang möglich war. Die eingemessenen Keller dienten zur räumlichen Eingrenzung des Vernässungsproblems und wurden hinsichtlich der kritischen Tiefe als repräsentativangesehen. Die Zahl der vermessenen Keller erlaubt dagegen keine Rückschlüsse auf die Gesamtzahl vernässter Keller. Zur weiteren Verbesserung der Datengrundlage wurden aus digitalen Planunterlagen vorhandene Kanaldeckelhöhen im digitalen Geländemodell ergänzt. Die ergänzenden Grundwasserstandsbeobachtungen zeigten, dass der Bereich "Im Teich" stark durch die Wasserstandsdynamik im Schwarzbach geprägt wird.



Das Grundwasser kommuniziert aufgrund der flurnahen Wasserstände unmittelbar mit dem Abflussgeschehen des Baches. Die schwarzbachnahe Wohnbebauung wird durch eine typische Auendynamik der Grundwasserstände geprägt. Für diese Bereiche der Wohnbebauung ist daher eine Beeinflussung der Wasserstände nur eingeschränkt möglich. Im Bereich der Messstelle GWM 1 (Nau1) erfolgt zudem eine Aufhöhung der Grundwasserstände durch Einstau des Grabens A, der Zuflüsse aus dem östlich vorgelagerten Grabensystem Schwarzbachwiesen / Teichwald in den Waldwiesengraben ableitet. Dadurch erfolgt für den Südbereich "Im Teich" eine nicht gewünschte Stabilisierung der Grundwasserhochstände. Dieser Zustand erfährt bei Abflussspitzen eine Verstärkung. Die Grundwassergleichen verdeutlichen, dass der Waldwiesengraben nur teilweise eine entwässernde Funktion übernehmen kann. Insbesondere im Hartmannsloch verläuft der Grabenverlauf z. T. entgegen der Grundwasserfließrichtung, so dass bei Grundwasserhochständen der Graben die freie Grundwasseroberfläche aufdeckt. Eine Belastung des Waldwiesengrabens durch Zuflüsse aus dem Teichwald - insbesondere zu Abflussspitzen - sollte daher vermieden werden. Vorliegende hydraulische Berechnungen des Grabensystems vom Ing.-Büro Unger zeigen, dass eine Verbesserung der Abflussverhältnisse aufgrund geringer Vorflut im südlichen Abschnitt des Waldwiesengrabens nur eingeschränkt möglich ist. Dennoch bestehen wie in der Unger-Studie aufgezeigt Möglichkeiten einer Optimierung.

Hierzu wurden zur Erfassung des aktuellen Zustandes Abschnitte des Waldwiesengrabens und des Grabens A durch das Ing.-Büro BGS Umweltplanung neu vermessen. Aufgrund der schwierigen Vorflutverhältnisse für das Wohngebiet "Im Teich" ist eine Begrenzung des Grundwasseranstieges auf ein mittleres Niveau nur über eine zielgerichtete Pumpmaßnahme erreichbar. Anders als eine gewöhnlich Grundwassergewinnungsanlage und anders als eine kurzzeitige und einmalige Wasserhaltung für die Dauer einer Baumaßnahme soll diese technische Maßnahme ausschließlich den Grundwasseranstieg ab einem mittleren Niveau begrenzen. Fällt der Grundwasserstand unter dieses Niveau, erfolgt kein Absenken des Grundwasserspiegels, das sich negativ auf das Umfeld auswirken könnte. Grundsätzlich stehen mehrere Fassungssysteme zur Auswahl. Vertikalbrunnen wirken lokal und prägen einen Absenktrichter aus. Gräben sind das klassische Mittel einer flächenhaften Reduzierung des Grundwasseranstieges. Neben der Grabentiefe hängt deren Wirksamkeit maßgeblich von den Vorflutverhältnissen und damit vom Wasserstand im Graben ab. Bei größerer Grabentiefe ist der Flächenanspruch wegen der limitierten Böschungsneigungen sehr groß. Rigolensysteme verringern den Platzbedarf derartiger linienhafter Dränagesysteme, verlangen jedoch einen sorgfältigen technischen Ausbau, um eine dauerhafte Funktion zu gewährleisten. Auf dieser Ausgangsbasis wurden vier Varianten zur Begrenzung des Grundwassersanstieges im Wohngebiet "Im Teich" entwickelt.




Variante I: Ausbau vorhandener Grabenstrukturen entlang der „Kleinen Hundsschneise“ zu einem Graben mit Entwässerung in Richtung Heegbach.

Die Grundwasser- und Vorflutverhältnisse im Teichwald haben maßgeblichen Einfluss auf die Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich". Insbesondere im Frühjahr 2001 trat Grundwasser an die Geländeoberfläche aus und strömte oberirdisch nach Westen in Richtung Wohngebiet "Im Teich" ab, das als natürliche Vorflut des Teichwaldes fungiert. Die über den Graben A nach Westen aus dem Teichwald abströmende Wassermenge stabilisiert zusätzlich die hohen Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich". Einem Graben parallel zur Kleinen Hundsschneise kommt daher bei Grundwasserhochständen zwei maßgebliche Funktionen zu:

    . Sicherstellung der Vorflut für das Grabensystem im Teichwald und den südlichen Schwarzbachwiesen mit einer zumindest partiellen Entwässerung über den Schwarzbach bzw. Heegbach anstelle über den Waldwiesengraben.

    . Verhinderung des Grundwasseranstieges im westlichen Teichwald über Geländeniveau und den dadurch beschleunigten Zustrom in das Wohngebiet "Im Teich".


Variante II: Ausbau Graben A / Waldwiesengraben.
Aufgrund erster Vernässungsprobleme wurde bereits in den 80er Jahren ein Ausbau des Waldwiesengrabens und des Grabens A diskutiert. Die vom Ing.-Büro Unger untersuchten Maßnahmen wurden jedoch bis heute nicht vollständig realisiert. In Variante II wird deshalb die Wirksamkeit eines Ausbaus des Waldwiesengrabens und des Grabens A auf der Grundlage des Vorschlages des Ing.-Büros Unger hinsichtlich einer Begrenzung des Grundwasseranstieges untersucht.

Variante III: Grundwasserhaltung mittels Begrenzungsbrunnen.
Variante III prüft die Wirksamkeit einer niveaugesteuerten Grundwasserhaltung mittels Vertikalbrunnen. Die Brunnengalerie wird am östlichen Rand des Wohngebietes "Im Teich" angeordnet, um über die räumliche Nähe zum zu schützenden Bereich eine maximierte Wirkung zu erzielen.

Variante IV: Grundwasserhaltung mittels Begrenzungsbrunnen und mittels Grabenentwässerung.
Ergänzend zu Variante III wird hier zusätzlich der Wasserstand im Graben A kontrolliert. Hierdurch wird sowohl der grundwassererhöhende Einfluss des Zustroms aus dem Teichwald reduziert als auch die Flächenwirkung der Grundwasserhaltung vergrößert.




3. Grundwassermodell

Das Untersuchungsgebiet liegt im nördlichen Oberrheingraben. Durch tektonische Vertikalbewegungen wurde dieser Bereich im Pliozän in Hoch- und Tiefschollen zerlegt. Unmittelbar am nordöstlichen Rand des Grundwassermodells grenzt die in Ost-West-Richtung streichende Störung, die den Walldorfer Horst vom zentralen Grabenbereich trennt. Im Modellgebiet (zentraler Grabenbereich) beträgt die Mächtigkeit der quartären Sedimente rund 450 m. Es wechseln sich mäßig bis gut wasserwegsame Sande mit Kieslagen und tonig-schluffige Zwischenhorizonte ab. Die oberste im Modellgebiet durchgängig ausgebildete Tonschicht steht in einer Tiefe von rund 90 m an, die für das Grundwassermodell als Aquiferbasis gewählt wurde.
Die Durchlässigkeitsbeiwerte (k-Werte) des Grundwasserleiters werden in der Literatur übereinstimmend mit 1.10-4 bis 4.10-4 m/s angeben. Diese Werte wurden mit den vom Büro Streim für den Bereich des Wohngebietes "Im Teich" in Pumpversuchen ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerten von 2.10-4 m/s bestätigt. Die regionale Hauptströmungsrichtung des Grundwassers im nördlichen Hessischen Ried ist von Ost nach West gerichtet. Maßgebend für die Grundwassersituation in Nauheim sind die Wechselwirkungen mit den Gewässern. Eine hervorgehobene Bedeutung kommt hier insbesondere dem Schwarzbach zu.

Bei Grundwasserhochständen im Frühjahr beeinflusst darüber hinaus der Heegbach, der zumeist Wasser führt und im Verlauf des Sommers trocken fällt, signifikant die Grundwasserstände und den südöstlichen Bereich des Grundwasserzustroms.
Die im Modellgebiet gemessenen Grundwasserstände im April 2001 (höchste bisher beobachtete Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich") können mit den Modellberechnungen sehr gut reproduziert werden. Die modellbasierte Analyse der Wechselwirkung zwischen Oberflächengewässer und Grundwasser zeigt, dass Graben A und Waldwiesengraben die Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich" bei Hochständen determinieren. Das Grundwassermodell weist unter den Verhältnissen April 2001 aus, dass bis auf Höhe des Hegbachsees der Waldwiesengraben ins Grundwasser infiltriert. Hohe Infiltrationsraten, sichtbar in den Grundwassergleichen durch ein Vorspringen der Isolinien in westliche Richtung, werden insbesondere für den westlichen Abschnitt des Teichwaldgrabens und für den Graben A zwischen der BAB und der Mündung in den Waldwiesengraben prognostiziert. Erst ab Höhe des Hegbachsees wirkt der Waldwiesengraben entsprechend seiner eigentlichen Funktion als Entwässerungsgraben. Der Schwarzbach infiltriert auf Höhe des Wohngebietes "Im Teich" im Vergleich zum WaIdwiesengraben / Graben A in geringeren Mengen ins Grundwasser. Aufgrund der dominierenden Wirkung des Grabens A in diesem Bereich reagieren die Grundwasserstände weniger sensitiv hinsichtlich der Infiltrationsmengen aus dem Schwarzbach. Im weiteren Verlauf nimmt innerhalb der Ortslage die Infiltration aus dem Schwarzbach ab.



4. Variantenvergleich

Variante I: Ausbau vorhandener Grabenstrukturen entlang der „Kleinen Hundsschneise“ zu einem Graben mit Entwässerung in Schwarzbach / Heegbach

Die Grundwasser- und Vorflutverhältnisse im Teichwald haben maßgeblichen Einfluss auf die Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich", das morphologisch die natürliche Vorflut für den Teichwald darstellt. Insbesondere im Frühjahr 2001 trat Grundwasser an die Geländeoberfläche aus und strömte oberirdisch nach Westen in Richtung Wohngebiet "Im Teich" ab. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Flächen, der vergleichsweise geringen Entfernung zur schützenden Ortslage und der bereits vorhandenen grabenartigen Strukturen im Gelände ist ein Graben parallel zur "Kleinen Hundsschneise" zu präferieren. Diesem Graben kommen bei Grundwasserhochständen zwei maßgebliche Funktionen zu:

  • Sicherstellung der Vorflut für das Grabensystem im Teichwald und den südlichen Schwarzbachwiesen mit einer zumindest partiellen Neuorientierung der Grabenentwässerung in den Heegbach anstelle in den Waldwiesengraben.

  • Verhinderung des Grundwasseranstieges im westlichen Teichwald über Geländeniveau und den dadurch beschleunigten Zustrom in das Wohngebiet "Im Teich".

Zur Verdichtung der Planungsgrundlagen wurden während der Grundwasserhochstände das relevante Gelände und die Wasserstände von Schwarzbach und Heegbach, die als Vorfluter in Frage kommen, eingemessen.

Die Grundwassermodellberechnungen zeigen, dass ein Graben parallel zur "Kleinen Hundsschneise" als alleinige Maßnahme zur Begrenzung des Grundwasseranstieges im Wohngebiet "Im Teich" nur eine begrenzte Wirkung hat. Ein derartiger Graben unterbindet wirksam den oberirdischen Zufluss nach Westen. Jedoch behindern die Wasserstände bei der im Frühjahr zu erwartenden hohen Wasserführung in Schwarzbach und Heegbach eine wirkungsvolle Entwässerung des Grabens. Entsprechend stellt sich nur ein geringes hydraulische Gefälle zum Grundwasser im Graben ein und die Grundwasserstände werden nur geringfügig abgesenkt. Insgesamt kann die erzielbare Absenkung im Wohngebiet "Im Teich" bezogen auf die Hochstände im April 2001 auf ca. 20 cm geschätzt werden.

Variante II: Ausbau Graben A / Waldwiesengraben.

Das Ing.-Büro Unger entwickelte zur Lösung der bereits 1980 auftretenden ersten Vernässungsprobleme mehrere Vorschläge zum Ausbau des Waldwiesengrabens und des Grabens A. Der ursächliche Anlass zur Erarbeitung der Maßnahmenvorschläge war jedoch die Verbesserung der Abflussverhältnisse bei Starkregenereignissen, wenn der Waldwiesengraben zur Regenentlastung der Kanalisation und zur Hochwasserentlastung des Schwarzbaches genutzt wird. Die damals vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit, v.a. die Vergrößerung der unterdimensionierten Durchlässe, wurden weitgehend realisiert. Die Vorzugsvariante des Gutachtens des Ing.-Büros Unger sieht einen Ausbau des Waldwiesengrabens/Graben A ab km 1,1 vor. Dieser Vorschlag wird in Variante II der vorliegenden Untersuchung hinsichtlich seiner Wirksamkeit zur Begrenzung des Grundwasseranstieges auf der Grundlage des Vorschlages des Ing.-Büros Unger untersucht. Damals wurden der WaIdwiesengraben und der Graben A auf ihrer gesamten Länge bzgl. der Sohlhöhe eingemessen, für den Ausbauabschnitt wurden Querprofile entwickelt und die Spiegellinie für den Ausbauabschnitt im Ausbauzustand berechnet (maßgebender Bemessungsabfluss für die Gesamtstrecke 1,1 m3/s). Zur Aktualisierung der Datengrundlage wurden der Graben A und Abschnitte des Waldwiesengrabens durch BGS Umweltplanung im Frühjahr 2001 neu vermessen. Ein Entwässerungsgraben ist nur dann wirksam, wenn das zusickernde Grundwasser mit einem ausreichendem hydraulischen Gefälle effizient abgeleitet werden kann. Ein Vergleich der dafür maßgebenden Wasserstände zwischen den Wasserspiegeln im Ausbauzustand und den in den Grundwassermodellberechnungen als für den Bezugszustand April 2001 plausibel ermittelten Wasserständen im Waldwiesengraben / Graben A zeigt, dass die Bemessungswasserspiegel im Ausbauzustand geringfügig über den Wasserspiegeln im April 2001 liegen. Eine abgesicherte Absenkung des Grundwassers im Wohngebiet "Im Teich" ist demnach durch einen Ausbau des Waldwiesengrabens / Graben A auf der Grundlage des Vorschlages des Ing.-Büros Unger nicht möglich.


Variante III: Grundwasserhaltung mittels Begrenzungsbrunnen.

Variante III prüft die Wirksamkeit einer niveaugesteuerten Grundwasserhaltung mittels Vertikalbrunnen. Die Brunnengalerie wird am östlichen Rand des Wohngebietes "Im Teich" angeordnet, um über die räumliche Nähe der zu schützenden Ortslage eine maximierte Wirkung zu erzielen.

Die Ausbautiefe der Einzelbrunnen wird in den Modellberechnungen mit 10 m angesetzt (unvollkommene Brunnen), der effektive Wasserstand in der Brunnengalerie liegt bei 86,5 müNN. Das entnommene Grundwasser wird in den Schwarzbach gepumpt. Die Modellberechnungen zeigen, dass eine Grundwasserhaltung allein durch Begrenzungsbrunnen unter den gegebenen Randbedingungen nur eine räumlich eng begrenzte Wirkung entfaltet. Im Wohngebiet "Im Teich" gleicht die Infiltration aus Schwarzbach und Waldwiesengraben / Graben A die Begrenzung des Grundwasseranstieges der Brunnengalerie auf kurzer Distanz wieder weitgehend aus. Mit Ausnahme des Nahbereichs der Brunnengalerie liegt die erzielbare Grundwasserabsenkung bei deutlich weniger als 0,5 m im Bereich des Wohngebietes "Im Teich".


Variante IV: Grundwasserhaltung mittels Begrenzungsbrunnen (Br.) und mittels Grabenentwässerung (Graben A).

Ergänzend zu Variante III wird hier zusätzlich der Wasserstand im Graben A kontrolliert. In einem Bauwerk unmittelbar hinter dem Durchlass unter der BAB wird der Zustrom im Graben A aus dem Teichwald gefasst und zusammen mit der Brunnenentnahme in den Schwarzbach gepumpt. Hierdurch wird der Grabenzustrom aus dem Teichwald gekappt und die Infiltrationswirkung des Grabens A auf Höhe des Wohngebietes "Im Teich" vollständig unterbunden. Zur Verbesserung der flächenhaft wirkenden Grabenentwässerung wird Graben A in demjenigen Abschnitt, in dem er unmittelbar am Wohngebiet "Im Teich" entlang führt, soweit vertieft, dass ein Gegengefälle erzeugt wird. Graben A wird gemeinsam mit den Brunnen über ein Pumpwerk in den Schwarzbach entwässert, damit er entsprechend seiner angedachten Funktion als Entwässerungsgraben wieder wirksam wird.

Die Modellberechnungen zeigen, dass eine Grundwasserhaltung mittels Vertikalbrunnen und einer gesteuerten Entwässerung des Grabens A die mit Abstand effektivste aller untersuchten Varianten darstellt. Durch die sichergestellte Entwässerungsfunktion des Grabens A wird eine flächenhaft wirkende Begrenzung des Grundwasseranstieges erreicht. Eine Brunnengalerie am östlichen Rand des Wohngebietes erfasst effizient den östlichen Grundwasserzustrom aus dem Teichwald. Die mittlere Absenkung im Wohngebiet "Im Teich" liegt bei über 0,5 m bezogen auf den Zustand April 2001.


Variante IV - Übersichtskarte

Variante IV



5. Optimierung und Vordimensionierung der Vorzugsvariante.

Der Variantenvergleich mit dem Grundwassermodell zeigt, dass eine kombinierte niveaugesteuerte Grundwasserhaltung mit 4 Vertikalbrunnen parallel zur BAB (Lärmschutzwall) und abschnittsweise in Graben A den effektivsten Ansatz zur Begrenzung des Grundwasseranstiegs im Wohngebiet "Im Teich" darstellt. Flankierend werden zwei weitere Brunnen entlang der Leitungstrasse in Schwarzbachnähe niedergebracht. Das aus den Brunnen und Graben A entnommene Wasser wird in einem zentralen Bauwerk in unmittelbarer Nähe zum Durchlass des Grabens A unter der BAB gefasst und von dort über eine Druckrohrleitung in den Schwarzbach gepumpt. In weiteren Modellberechnungen wurde diese Variante in ihrer Wirksamkeit optimiert.

In der optimierten Vorzugsvariante ist vorgesehen, die Sohle des Grabens A zwischen und dem Durchlass unter der BAB auf einer Länge von rund 170 m zu vertiefen und im Gegengefälle auszubauen. Am westlichen Ende des Ausbauabschnittes wird das derzeitige Sohlniveau von ca. 86,80 m üNN beibehalten und die Sohle bis zu ihrer Endtiefe von 86,30 m üNN am östlichen Ende beim Fassungsbauwerk zunehmend eingetieft. Die Modellberechnungen zeigen, dass im Wohngebiet "Im Teich" die Grundwasserstände durch einen längeren Ausbau des Grabens A nicht signifikant weiter abgesenkt werden können. Ein längerer Ausbau führt im wesentlichen dazu, dass exfiltriertes Grundwasser über den Waldwiesengraben dem Graben A zuströmt und die Grundwasserstände auf dem erreichten Niveau fixiert, nicht jedoch weiter abgesenkt werden. Das dem auf diesem Abschnitt dem Graben A zuströmende Grundwasser wird im Betriebszustand in das zentrale Fassungsbauwerk abgeleitet und in den Schwarzbach gepumpt. Der effektive Wasserstand der Brunnengalerie parallel zum Lärmschutzwall liegt bei 86,50 m üNN. Um die Infiltrationswirkung des Schwarzbaches, die die Grundwasserstände im Projektgebiet erhöht, abzuschwächen, wird vorgeschlagen, flankierend entlang der Leitungstrasse zwischen Lärmschutzwall und Schwarzbach zusätzlich zwei Brunnen niederzubringen.

Alle Vertikalbrunnen werden nach dem Heberprinzip betrieben. Über eine gemeinsame Leitung (DN 250), in derUnterdruck gegenüber dem Atmosphärendruck herrscht, strömt Grundwasser dem energetischen Tiefpunkt des Systems, dem zentralen Fassungsbauwerk (Sammelschacht), zu. Hierdurch kann zur Senkung der Investitions- und Betriebskosten auf die Installation von Pumpen in den Einzelbrunnen verzichtet werden. Die Nahbereichsberechnungen mit der Boundary-Element-Methode zeigen, das zur Sicherstellung eines effektiven Wasserstandes der Brunnengalerie von 86,50 m üNN ein Brunnenwasserstand von 86,00 rn üNN in den 6 Einzelbrunnen erforderlich ist. Die Einzelbrunnen werden rund 10 m tief mit einem Durchmesser von 620 mm gebohrt. Das zentrale Fassungsbauwerk besteht aus einem Schachtbauwerk, dass im Sohlbereich in zwei Kammern unterteilt ist. Beide Kammern sind durch einen Überlauf getrennt. Dieser Überlauf stellt sicher, dass in derjenigen Kammer, in die die Heberleitung der Brunnen einmündet, ein Mindestwasserstand nicht unterschritten und die Heberleitung entwässert wird. Die Differenz der Wasserstände in Brunnen und Kammer des Fassungsbauwerkes stellt die erforderliche Energiedifferenz zur Brunnenwasserförderung dar. Da über die Pumpe der Wasserstand im Fassungsbauwerk kontrolliert wird, wird über den Wasserstand im Fassungsbauwerk auch die Entnahmemenge der Brunnen gesteuert. Da die Grundwasserhaltung nur ab einem bestimmten Niveau betrieben wird, ist das zentrale Fassungsbauwerk im Nebenschluss zum Graben A einzurichten.

Mit der Errichtung des zentralen Fassungsbauwerks unmittelbar am Durchlass des Grabens A unter der BAB wird auch der östliche Zustrom aus dem Teichwald gekappt, der als eine maßgebliche Ursache für die derzeit hohen Grundwasserstände im Wohngebiet "Im Teich" anzusehen ist. Um die Dränagewirkung des Grabensystems östlich der BAB und damit die zu pumpende Wassermenge zu begrenzen, ist die Sohle des Grabens A östlich der BAB auf einer Höhe von ca. 87,00 m üNN durch eine Sohlschwelle zu stabilisieren.



Um den Grundwasseranstieg zu begrenzen, wird die Wasserhaltung ab einem bestimmten Grundwasserstand betrieben. Bis zu diesem Niveau bleiben Grundwasser und Oberflächengewässer durch die Wasserhaltungsmaßnahmen unbeeinflusst. Zum Erreichen des Absenkziels ist im Bezugszustand April 2001 unter stationären Verhältnissen eine Entnahme von rund 70 m3/h erforderlich. Um das Absenkziel auch unter instationären Verhältnissen, z.B. in einer Niederschlagsperiode, einzuhalten, wird die Brunnenanlage zur Begrenzung des Grundwasseranstieges auf eine max. Entnahmemenge von 150 m3/h ausgelegt. Nach den Grundwassermodellberechnungen liegt der abzuleitende Zustrom aus Graben A (Zufluss aus dem Teichwald und Dränageabfluss aus dem Ausbauabschnitt) in der gleichen Größenordnung.Die gewässerkundlichen Jahreszahlen für den Schwarzbach am Pegel Nauheim weisen einen mittleren

Abfluss von 0,71 m3/s und einen mittleren Hochwasserabfluss von 1 ,84 m3/s im Winterhalbjahr aus.Der höchste beobachtete Hochwasserabfluss lag bei 5,00 m3/s. Die in den Schwarzbach aus den Maßnahmen zur Begrenzung des Grundwasseranstieges abzuleitenden Flüsse betragen maximal 0,08 m3/s (300 m3/h). Sie haben damit keinen signifikanten Auswirkungen auf die Wasserstände im Schwarzbach.

Die Investitionskosten für die Gesamtanlage betrugen 412.778 Euro.

Die mittleren jährlichen Betriebskosten belaufen sich auf rund 12.000 Euro. Diesen Kosten liegt die Annahme zugrunde, dass in einer Periode von 10 Jahren in 3 Jahren (Nassperiode) eine Grundwasserhaltung betrieben werden muss. In einem Jahr einer Nassperiode ist die Anlage 8 Monate in Betrieb.



Absenkungstrichter

Grundwasserabsenkung:

Dunkelgrün: Absenkung 0,50 - 1,00 m
Hellgrün: Absenkung 0,25 - 0,50 m
Gestrichelte Linie: 0 - 0,25 m








6. Schlussfolgerung.

Der Variantenvergleich mit dem Grundwassermodell zeigt, dass eine kombinierte niveaugesteuerte Grundwasserhaltung mit Vertikalbrunnen parallel zur BAB (Lärmschutzwall) und abschnittsweise in Graben A den effektivsten Ansatz zur Begrenzung des Grundwasseranstieges im Wohngebiet "Im Teich" darstellt. Das aus den Brunnen und Graben A entnommene Wasser wird in einem zentralen Bauwerk in unmittelbarer Nähe zum Durchlass des Grabens A unter der BAB gefasst und von dort über eine Druckrohrleitung in den Schwarzbach gepumpt. Um den Grundwasseranstieg zu begrenzen, wird die Wasserhaltung ab einem bestimmten Grundwasserstand betrieben. Bis zu diesem Niveau bleiben Grundwasser und Oberflächengewässer durch die Wasserhaltungsmaßnahmen unbeeinflusst.




Die Realisierung der Vorzugsvariante in der vorgeschlagenen Form wird nach den Grundwassermodellberechnungen im Vergleich zum Bezugszustand April 2001 in weiten Teilen des Wohngebietes "Im Teich" das Grundwasser um mehr als 0,5 m absenken. Dadurch werden die Hochstände des Grundwassers auf einem Niveau stabilisiert, wie sie vor der Nässeperiode seit Herbst 1998 herrschten. Alle übrigen untersuchten Varianten waren deutlich weniger wirksam. Ihr Potential zur Begrenzung des Grundwasseranstieges beträgt bezogen auf die Grundwasserstände im April 2001 lediglich ca. 2 Dezimeter.

Mit einem maximalen Grundwasserniveau von 86 müNN im Westen bis 87 müNN im Osten des Wohngebietes "Im Teich" können auf der Datengrundlage der gemeldeten Schäden die meisten Keller vor einer Vernässung durch drückendes Grundwasser geschützt werden. Ausnahmen stellen u.a. sehr tief ausgehobene Keller dar. Bei der Bewertung dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass eine exakte Prognose der Grundwasserstände in urbanen Bereichen wegen lokaler Einflüsse sehr schwierig ist. Da z.B. Informationen über die Dränagewirkung der Kanalisation nicht vorliegen, sind

die prognostizierten Grundwasserstände mit Unsicherheiten im Dezimeterbereich behaftet. Eine Regulierung der Grundwasserstände der in Schwarzbachnähe befindlichen Siedlungsbereiche ist nur sehr eingeschränkt möglich, da sie in unmittelbarer Wechselwirkung zu den Wasserständen im Bach stehen. Aufgrund der Infiltration des Schwarzbaches ins Grundwasser auf der Höhe des Wohngebietes "Im Teich" werden in Bachnähe die Grundwasserstände auf einem höheren Niveau stabilisiert. Sowohl sehr tief ausgehobene Keller als auch vernässte Gebäude in Schwarzbachnähe können nur durch konkrete Maßnahmen am Objekt, z.B. durch Ringdränagen, zuverlässig geschützt werden.

Durch den Betrieb der niveaugesteuerten Grundwasserhaltung werden zuverlässige Daten über den äußerst schwer zu prognostizierenden Zustrom aus dem Teichwald über Graben A vorliegen. Es ist dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob eine Neustrukturierung der Grabenentwässerung des Teichwaldes durch Anlage eines Grabens parallel zur "Kleinen Hundsschneise" und Entwässerung in Schwarzbach / Heegbach es ermöglicht, die Grundwasserhaltung weiter zu optimieren und die abzupumpende Wassermenge (Betriebskosten) deutlich zu senken.



Darmstadt, Oktober 2001                                      Brand-Gerdes-Sitzmann Uweltplanung GmbH, 64297 Darmstadt
 


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