Umsetzung des Konzeptes zur Begrenzung des Grundwasseranstieges /
mögliche Finanzierungsprojekte


Zu den möglichen Finanzierungsprojekten zur Umsetzung des Konzeptes (Erschließungsbeiträge, gebietsbezogene
Umlegung, Gebührenerhebung) wird wie folgt Stellung genommen:

1. Beiträge nach den Bestimmungen der Entwässerungssatzung (EWS)

§ 10 Absatz 1 EWS: Die Gemeinde erhebt zur Deckung des Aufwandes für dIe Schaffung,
Erweiterung und Erneuerung der Abwasseranlagen Beiträge.
Abwasseranlagen sind nach § 2 EWS Sammelleitungen, Verbindungsleitungen, Pumpwerke,
Errichtungen für das Niederschlagswasser (z. B. Regenwasserversickerungsbecken), Kläranlagen,
Klärschlammbehandlungsanlagen u. ä. bis zum Einmünden in ein Gewässer oder eine fremde
Abwasseranlage.

Die geplanten Begrenzungsbrunnen und die Grabenentwässerung sind keine Abwasseranlagen im Sinne der Entwässerungssatzung. Sie dienen nicht der Abwasserbeseitigung, sondern der Begrenzung des Grundwasseranstieges (Grundwasserhaltung).

Grundwasser ist kein Abwasser, sondern Fremdwasser. Unter Abwasser ist nach § 51 Absatz 1
des Hessischen Wassergesetzes nur Schmutzwasser und Niederschlagswasser (das von
Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende Wasser) zu
verstehen.

Das Erheben von Beiträgen nach der Entwässerungssatzung für die Errichtung der
Brunnengalerie kommt aus diesen Gründen nicht in Betracht.


2. Beiträge nach § 1 der Erschließungsbeitragssatzung (EBS)

§ 1 EBS: Zur Deckung des Aufwandes für Erschließungsanlagen erhebt die Gemeinde
Beiträge nach Maßgabe der §§ 127 ff Baugesetzbuch in Verbindung mit den Bestimmungen der EBS.

Die Brunnengalerie müsste demnach eine Erschließungsanlage sein.
Nach § 127 Absatz 2 des Baugesetzbuches sind Erschließungsanlagen
1. öffentliche, zum Anbau bestimmte Straßen, Wege, Plätze.

2. öffentliche, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht
befahrbare Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege).

3. Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege
und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete
notwendig sind.

4. Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil
der in den Nummern 1-3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen
Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind.

5. Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im
Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der
Erschließungsanlagen sind.

Die Brunnengalerie ließe sich allenfalls unter § 127 Absatz 2 Nr. 5 subsumieren, wenn sie dem
Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen dienen würde:

Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art und Ausmaß oder Dauer
geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit
oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Absatz 1 BImSchG)
Immissionen sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre
sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche,
Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Absatz 3 BImSchG).
Immissionen sind Einwirkungen unkörperlicher Art (nicht z. B. Steine und Wasser; (Creifelds,
Rechtswörterbuch, 11. Auflage 1992, Seite 588).

Da die Brunnengalerie der Grundwasserhaltung und nicht dem Schutz gegen schädliche
Umwelteinwirkungen dient, ist sie demnach keine Erschließungsanlage; die Kosten ihrer
Errichtung sind nicht über Beiträge nach der EBS abzurechnen.
 

3. Beiträge nach § 11 Absatz 1 Kommunales Abgabengesetz (KAG).

Die GemeInden ...können zur Deckung des Aufwands für die Schaffung, Erweiterung und
Erneuerung öffentlicher Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen
die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen nicht nur vorübergehende
Vorteile bietet.

Die Brunnengalerie als öffentliche Einrichtung angenommen, scheitert eine Abrechnung der
Herstellung der Galerie über Beifräge nach § 11 KAG an folgenden Umständen:

1. Beitragsbegriff.

Der Beitrag ist die Gegenleistung für die vom Beitragsberechtigten vorgehaltene Möglichkeit,
aus einer bestimmten von ihm bereitgestellten öffentlichen Einrichtung einen nicht nur
vorübergehenden Vorteil zu nehmen, ohne dass der Beitragspflichtige auch tatsächlich (um die
Beitragspflicht auszulösen) den Vorteil nutzen muss.
Die Brunnengalerie bietet für die Eigentümer der von den hohen Grundwasserständen
betroffenen Grundstücken keine Möglichkeit der Inanspruchnahme. Die Brunnengalerie
wird in Betrieb genommen, wenn ein bestimmtes Grundwasserniveau überschritten wird.
Bis zu diesem Niveau bleiben Grundwasser und Oberflächengewässer durch die
Wasserhaltungsmaßnahmen unbeeinflusst.
Es ist dem Einzelnen somit nicht überlassen,
inwieweit er den Betrieb der Brunnengalerie nutzt oder nicht.

2. Bemessen der Beiträge nach Vorteilen.

Die Beiträge würden, wenn die Brunnengalerie eine beitragsfähige Maßnahme wäre, nach
Vorteilen abgerechnet. Dieser Vorteil (Gebrauchs- oder sonstiger Verwendungsvorteil) muss
grundstücksbezogen sein und einen konkret-individuellen Vorteilsbezug haben. Das heißt, die
Einrichtung muss von ihrem vorbestimmten Nutzungszweck her geeignet sein, für bestimmte
Vorteile vorzuhalten, um deren Beitragsfähigkeit es geht.
Zweck der Brunnengalerie ist die Begrenzung des Grundwasseranstieges. Es ist nicht ohne
weiteres abzugrenzen, welche Grundstücke hiervon einen Vorteil haben. Zum einen sind
von den hohen Grundwasserständen Grundstücke "Im Teich" betroffen, zum anderen aber
auch Grundstücke aus dem Gebiet "Wolfsberg". Hierbei haben die Grundstücke "Im Teich"
ggf. einen höheren Vorteil, da das Grundwasser hier in der Regel höher steht als im
"Wolfsberg". Bereits aus diesem Grunde wäre eine nach Vorteilen bemessene Abrechnung
von Beiträgen allenfalls dann möglich, wenn ein Gutachten eingeholt wird, aus denen sich
die grundstücksbezogenen Vorteile des Betriebes der Brunnengalerie explizit ergäben.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch nicht alle Grundstücke im Baugebiet "Im Teich"
gleichermaßen von den Grundwasserständen betroffen sind. Einige Bauten verfügen über
weiße Wannen, die vorsorglich gegen eindringendes Wasser eingebaut worden sind,
andere nicht.
Auch deshalb ist eine gerechte, vorteilsbezogene Abrechnung über
Beiträge nicht möglich.

3. Vorteil nicht nur vorübergehender Art.

Die Vorteile dürfen nicht nur vorübergehender Art sein. Das trifft für Einrichtungen zu, die nach
ihrer Beschaffenheit und nach der vorgegebenen Nutzung auf eine auf Dauer ausgerichtete
Vorteilsnahmemöglichkeit abstellen. Provisorische Einrichtungen (Bsp. Wassernotleitung) - selbst
wenn sie auf einen längeren Verbleib angelegt sind - sind damit nicht beitragsfähig.
Die Brunnengalerie ist für Zeiten hohen Grundwassers angelegt. Der Zeitraum, über den
der Einsa1z der Brunnengalerie notwendig sein wird, ist nicht abschätzbar.

4. Prüfung, ob eine Gebühr für die Inanspruchnahme der geplanten Brunnengalerie erhoben werden kann.

Die Absenkung des Grundwasserspiegels mittels Pumpen etc. hat nichts mit
Abwasserbeseitigung zu tun, da es sich nicht um Schmutzwasser handelt. Die
entstehenden Kosten sind dementsprechend nicht im Gemeindehaushalt bei der
Abwasserbeseitigung, sondern bei Wasserläufe und Wasserbau zu verbuchen.

Damit scheidet eine Finanzierung der laufenden Kosten
sowie Abschreibungen der Pumpenanlage über die Abwassergebühr aus.
Gemäß § 10 des Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) können die Gemeinden als
Gegenleistung für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen
Benutzungsgebühren erheben. Die Gebühr ist nach Art und Umfang der
Inanspruchnahme der EinrichtunQ zu bemessen. Praktisch dürfte es kaum möglich
sein festzustellen, welcher Bürger die Anlage in welchem Umfang in Anspruch nimmt.
Insofern können die entstehenden Kosten auch keinem einzelnen Gebührenpflichtigen
zugeordnet werden.

Fazit: Für die Errichtung und den Betrieb der Brunnengalerie zur temporären Entnahme von Grundwasser können Bürger finanziell nicht herangezogen werden.

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